Chimneys We Don't Suck, We Blow!
Album info
Album-Release:
2024
HRA-Release:
10.05.2024
Album including Album cover
- 1 DGWLKRS 06:52
- 2 Dolly 05:42
- 3 Chimneys 06:18
- 4 Heldchen 06:04
- 5 Daydream in Blue 04:12
- 6 Scenario 07:30
- 7 Wave Patterns 05:18
- 8 Leaving the Bar 03:52
- 9 Flor 03:14
- 10 Hornpike 04:52
- 11 Veridis Quo 03:40
Info for Chimneys
Ein faszinierender Einklang eines weiten Horizonts von Einflüssen, Traditionen, Spiel- und Hörweisen, den man in dieser Konsequenz sonst selten hört. Die Hamburger Band lässt Momente von Funk, Metal, Cool Jazz, Exotica, Hip- und TripHop sowie Lounge Pop ohne postmodernen Clash ineinander fließen.
Es gibt Musik, die ist immer genau das, was sie gerade nicht ist. Und sie wird auch nie das sein, was man von ihr erwartet, aber Erwartungen triggern, mit denen sie selbst gleich wieder bricht. All diese Merkmale treffen exakt auf „Chimneys“, das dritte Album der Hamburger Band We don’t suck, we blow! zu.
We don’t, suck we blow!: Vor über zehn Jahren gegründet, entschied man sich in Anlehnung an ein Zitat in einer britischen Comedy Serie für diesen Bandnamen – und steht seitdem dazu, denn er bedeutet im slangtechnisch übertragenen Sinne so viel wie: Wir sind nicht schlecht, wir sind Scheiße.
Dass sich aus dieser verbalen Provokation im Lauf eines Jahrzehnts ein Fall von augenzwinkerndem Understatement entwickelt hat, wird auf „Chimneys“ schon nach wenigen Takten überdeutlich. Momente von Funk, Fusion, Metal, Cool Jazz, Exotica, Hip- und TripHop sowie Lounge Pop fließen hier in wenigen Augenblicken osmotisch ineinander, ohne jedoch auf den üblichen postmodernen Clash hinauszulaufen, sondern sie ergeben eine linear logische Songstruktur. Man könnte jede Menge zusätzlicher Stilbegriffe hinzufügen, doch alles Definierbare wird von der Band selbst nach einigen Momenten schon wieder ad absurdum geführt. Wie war das noch gleich? Es ist immer genau das, was es gerade nicht ist. Und so bleibt es auch. Dem Sextett gelingt es dabei, ein Höchstmaß an kollektiver Identität an den Tag zu legen, denn wo immer sie sich für den Bruchteil eines Augenblicks gerade tummeln mögen, die sechs Mitglieder von We don’t suck, we blow! selbst sind die große Konstante in ihrer Musik, die mit ihrer Signatur als Band immer erkennbar bleiben.
Die Band besteht aus Posaunist Chris Lüers, Saxofonist Adrian Hanack, Keyboarder und Elektroniker Umut Abaci, Gitarrist Florian Kiehn, Bassist Falko Harriehausen und Schlagzeuger Johannes Metzger. Ihre Backgrounds könnten unterschiedlicher nicht sein. Einige Mitglieder der Band kommen aus der Klassik, andere aus dem Jazz, Funk, HipHop oder Pop. Einige haben ein langes Studium absolviert, andere haben über alternative Zugänge zur Musik gefunden. Alle eint jedoch der Wille, sich nicht festlegen zu lassen und den gemeinsamen wie individuellen Horizont permanent zu erweitern. Diese gebündelte Neugier springt aus jedem einzelnen Ton heraus. Jedes Motiv verrät bereits die unbändige Vorfreude auf die jeweils nächste spielerische Äußerung, hinter der schon wieder das übernächste Thema lauert. Melodien, Grooves, Sounds, harmonische Texturen lösen einander in raschem Wechsel ab, durchdringen einander, ziehen sich gegenseitig den Boden unter den spielerischen Füßen weg oder fahren miteinander Karussell. Und wenn man sich endlich sicher ist, dass diese dichte Folge einander bedingender Gegensätze immer so weiter geht, kann die Band auch mal ausgiebig in einem schönen Thema baden.
Anything goes? Keineswegs. Eher das Gegenteil. Die Band schließt zwar nichts aus, aber es geht hier nicht um ein Showcase der spielerischen Möglichkeiten oder im Bandkontext ausgelebten persönlichen Vorlieben. „Wir versuchen Situationen zu vermeiden, in der sich irgendein Mitglied der Band unwohl fühlt. Indem jeder in der Gruppe mitbestimmt, entsteht eine Art Polylog“, beschreibt Adrian Hanack die Arbeitsweise der Sechs. „We don’t suck, we blow! ist eine Plattform, in der wir alles spielen können, womit wir uns wohlfühlen.“ Und Lüers ergänzt: „Wir wollten von Anfang an eine Formation haben, bei der jeder die Band aus einer anderen Richtung denkt.“
Sechs Musiker, die auf so lange Zeit einvernehmlich miteinander Musik machen, sind schon mehr als ein Projekt. Es ist nicht zu hochtrabend, in We don’t suck, we blow! einen gesellschaftlichen Entwurf und in „Chimneys“ eine Utopie im Klang zu sehen. Eine Band mit einem höchst inklusiven Ansatz, in dem sich jede Meinung, Haltung und Vorliebe Gehör verschaffen kann, ohne von den jeweils gegenteiligen Meinungen, Haltungen und Vorlieben diffamiert und an die Wand gedrückt fühlen zu müssen. Hier geht es nicht um krasse Brüche, auch um kein kalkuliertes Gegen- oder hingenommenes Nebeneinander, sondern in jeder einzelnen Sequenz um ein Miteinander, das auf gegenseitigem Zuhören und der Akzeptanz des großen Ganzen beruht. Diese Musik funktioniert nur deshalb so stimmig, weil sie so divers ist. Aus der Offenheit aller sechs Bandmitglieder und ihrer jeweiligen persönlichen Beiträge erwächst ein stabiles Sechseck, dass offen für weitere Einflüsse ist.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Wenn We don’t suck, we blow! auf die Bühne oder ins Studio gehen, spielen solche Gedanken bestenfalls unterbewusst eine Rolle. Dann bringen sie einfach nur die Musik zu Gehör, die sie spielen müssen, weil ihnen sonst etwas im Leben fehlt. Und doch ist Musik ja immer mehr als nur eine Kombination von Noten, Harmonien, Rhythmen und Klängen. We don’t suck, we blow! finden mit „Chimneys“ zum faszinierenden Einklang eines weiten Horizonts von Einflüssen, Traditionen, Spiel- und Hörweisen, den man in dieser Konsequenz sonst selten hört.
Adrian Hanack, Saxophon
Chris Lüers, Posaune
Umut Abaci, DJ, FX, Syntheziser
Florian Kiehn, Gitarre
Falko Harriehausen, Bass
Johannes Metzger, Schlagzeug
We Dont Suck, We Blow!
Am Anfang stand das Instrument. Mir war immer klar, dass ich Posaunist werden möchte, sagt Chris Lüers, neben Adrian Hanack einer der beiden Bläser des Sextetts. Aber ebenso schnell war mir klar, dass ich keine Lust habe, ewig nur in klassischen Orchestern zu spielen. Und als Blechbläser hast du ja nicht viele Wahlmöglichkeiten, du kannst ja nicht einfach Kammermusik machen oder so was. So landete ich fast zwangsläufig beim Jazz.
Du fängst halt irgendwann mit einem Instrument an und hast im Grunde genommen noch keinen Plan. Und dann sitzt du da mit deinem Saxofon – in der Klassik ohnehin ein schwieriges Thema – und fragst dich: Wo soll es denn hingehen?, ergänzt Adrian Hanack.
Nun: Die beiden kennen sich schon ewig, und so begannen sie, gemeinsam Musik zu machen. Es folgten viele verschieden Erfahrungen und Formationen, die schlussendlich in We don't suck, we blow! kulminierten.
Eine Band, so eigenwillig wie ihr Name. Klar, man hört, dass Chris und Adrian Jazz studiert haben. Sie sind die Houdinis der Improvisation. Sie könnten einen Stuhlkreis der Musiktheorie leiten, so gut hören sie einander zu. Sie kennen die Literatur des Genres im Schlaf, finden ihre größte Erfüllung aber dort, wo sie sich von Vorbildern lösen und ihr ganz eigenes Ding machen.
Ihr eigenes Ding: Den Jazz upfreshen, ihn wegdenken von seinem theoretischen Überbau, ihn mitnehmen zu Funk, instrumentalem HipHop und elektronischen Eskapismen. Ihn einfach nur fühlen und dieses Gefühl so direkt wie möglich in eine Tonfolge übersetzen. Und das alles zusammen mit vier weiteren Musikern, die ihr Instrument ähnlich offen denken und fühlen wie sie selbst.
Natürlich haben diese elitären Modi des Jazz ihre Berechtigung, findet Chris. Aber um es mit einem Satz von Miles Davis zu sagen: „I don't pay you to play in a hotel room, I pay you to play on stage“. Heißt: All das Üben ist gut und schön. Aber entscheidend ist, was auf der Bühne im kollektiven Austausch passiert. Wir stehen auf krasse Interaktionen.
Ob diese Bühne auf einem Technofestival, in einem ehrwürdigen Theatersaal oder in einem verschwitzten Kellerclub steht, ist den sechs Musikern relativ egal. Und ebenso, ob der Zuhörer die Augen schließt, wippt, tanzt, sitzt oder sich sogar hinlegt.
Wenn die Verbindung zum Publikum da ist, dann spürt man das, weiß Adrian Hanack. Letztlich geht es für die Zuhörer darum, sich auf den Freigeist der Musik einzulassen und ihr auf ihrem Weg zu folgen.
Adrian hegt da einen mutigen Traum: Ich möchte mit der Band mal ganz ohne Setlist auf die Bühne gehen. Einfach nur spielen und schauen, was passiert. Werden wir eines Tages bestimmt einmal machen, lacht er.
Statt „eines Tages“ ist jetzt erst einmal In Vitro, das zweite Album von We don't suck, we blow!, das auf das 2017 veröffentlichte Trocken folgt. Im direkten Vergleich sind die Unterschiede der beiden Alben sofort evident. Wo Trocken die vielen Stile und Einflüsse noch in wohlformulierter Koexistenz präsentierte, ist auf In Vitro alles zu einer großen Schatzinsel der stilinklusiven Abenteuerlust geworden. Alles wirkt so leicht und doch drückend, verspielt und trotzdem prägnant, zielgerichtet und zugleich in alle Richtungen offen. Man erahnt Zitate der Jazzgranden, findet allerdings auch Disharmonisches neben superakurat und unisono Weggroovendem.
Doch vor allem hört man die große Freude, die die sechs Musiker beim Einspielen der Platte gehabt haben. Alle gemeinsam in einem Raum, aufeinander hörend, miteinander ringend und schmusend, und sich vor allem – und das ist das Schöne beim Hören – stets blind aufeinander verlassend.
Wir betrachten Jazz nicht als Genre, sondern eher als Tool, erklärt Chris Lüers. Wir sind ja alle mit ganz unterschiedlicher Musik aufgewachsen, haben individuelle Einflüsse und betrachten das Tonmaterial daher anders als jemand, der sich nur einem musikalischen Genre verschrieben hat.
Das Ideal dieser Band, ergänzt Adrian Hanack, ist die absolute Freiheit zu spielen, was man im Augenblick fühlt und als richtig und passend erachtet. Ja, unsere Musik ist komplex und verfügt über aufwändige Strukturen, aber gleichzeitig darf und soll jeder von uns wissen, dass er jederzeit auch einmal rechts oder links abbiegen kann, um zu schauen, was es dort noch Interessantes zu entdecken gibt. Wir sind zwar ein Kollektiv, aber eins, das mit der Vereinbarung operiert, dass jeder Musiker jederzeit seiner eigenen Intuition folgen darf.
Wenn ich gerade etwas fühle, dann mache ich das halt, bricht Chris es herunter. Das ist auch das Schöne an der Platte: Wir haben uns diese Vorgehensweise auch bei der Aufnahme des Albums gestattet.
Johannes Metzger
is a Berlin based Drummer and Composer. After finishing high school, he studied jazz drums at the Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover with Heinz Lichius. He moved to Berlin in 2015, to continue his studies at the Jazz Institute Berlin with amongs others John Hollenbeck, Jim Black, Oliver Steidle, Kurt Rosenwinkel.
Johannes is touring Germany and internationally at clubs and festivals such as Elbjazz, Jazzbaltica, Leverkusener Jazztage, Jazzwoche Burghausen, Fusion Festival, NueJazz, TraveJazz, Musikfest Bremen. He got the chance to play with several Bands and Artists such as Kit Downes, Benjamin Schaefer, Gwilym Simcock, Peter Weniger, Judy Niemack, Marc Muellbauer, Hendrik Wallsdorf.
He is winner of the Munich Jazz Award, Hannover Jazz Award, Future Sounds Contest, Jazz hoch im Kurs and Finalist of Junger Deutscher Jazzpreis, Burghausen Jazz Award, Biberach Jazz Award.
Up to now Johannes appears on nearly 20 album recordings.
As a bandleader he released the two albums FRAMES (2022) and how far? feat. Benjamin Schaefer (2023) with his Johannes Metzger Quartet and the album Orange Sky with his septet CAPTCHA.
Johannes Metzger ist ein in Berlin lebender Schlagzeuger und Komponist. Schon als Kind kam er früh mit Musik in Berührung und entdeckte schließlich das Schlagzeug für sich. Nach dem Abitur studierte er Jazzschlagzeug bei Heinz Lichius an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover. 2015 zog er nach Berlin, um sein Studium am renommierten Jazz Institut Berlin fortzusetzen, an dem er u.a. Unterricht bei John Hollenbeck, Jim Black, Kurt Rosenwinkel, Eric Schaefer, Oliver Steidle und Heinrich Köbberling hatte. Als gefragter Schlagzeuger ist er sowohl live in verschiedenen Ensembles in Deutschland und international als auch auf mehreren Albumproduktionen zu hören. So konzertierte er auf Festivals wie Elbjazz, Jazzbaltica, Leverkusener Jazztage, Jazzwoche Burghausen, Fusion Festival, NueJazz, TraveJazz, Musikfest Bremen. Er spielte mit u.a. Kit Downes, Benjamin Schaefer, Gwilym Simcock, Peter Weniger, Judy Niemack, Marc Muellbauer, Hendrik Wallsdorf.
Johannes ist Gewinner des Münchner Jazzpreises, Hannover Jazzpreis, Future Sounds Contest, Jazz Hoch im Kurs und Finalist des Jungen Deutschen Jazzpreis, Burghausener Jazzpreis, Biberacher Jazzpreis.
Bisher ist er auf fast 20 Albumproduktionen zu hören.
Als Bandleader veröffentlichte er die zwei Alben FRAMES (2022) und how far? feat. Benjamin Schaefer (2023) mit seinem Johannes Metzger Quartet und das Album Orange Sky mit seinem Septett CAPTCHA.
This album contains no booklet.